Vergangene Schuljahre
Schulversuch
Beschreibung des Schulversuchs
„Gemeinsamer Unterricht hörbeeinträchtigter und hörender Kinder in inklusiven Klassen“
sowie der Erweiterung
„NMS mit autonomem Schwerpunkt ÖGS als lebende Fremdsprache“
An der Josef Rehrl Schule wird ein genehmigter Schulversuch mit angeschlossenen inklusiven Volksschul- und NMS-Klassen durchgeführt. Das Wesen dieses Schulversuches besteht darin, dass hörbeeinträchtigte und hörende Schüler/innen in allen Volks- und Hauptschulstufen durchgängig in einem angestrebten Verhältnis von 50:50 gemischt sind. Er stellt auch eine – pädagogisch logische – Fortsetzung des inklusiv geführten Kindergartens am Landeszentrum für Hör- und Sehbildung dar und bietet das dafür notwendige Umfeld.
Die Erweiterung dieses Schulversuchs erfolgte ab Beginn des Schuljahrs 2014-15 mit der Einführung der NMS mit dem autonomen Schwerpunkt „Österreichische Gebärdensprache als lebende Fremdsprache“ als Pflichtgegenstand und eigener Stundentafel.
Die Josef Rehrl Schule stellt hauptsächlich für Gehörlose, aber auch für Schwerhörige, eine Stätte der Enkulturation sowie der kulturellen Identitätsfindung dar. Wie bei allen Gruppen definieren sich auch Gehörlose über ihre gemeinsame Sprache.
Die einzigartige Struktur der Beeinträchtigung mit ihrer weitreichendsten Auswirkung - der Kommunikationsbeeinträchtigung - bringt in der Einzelintegration (gemeinsame Beschulung auf rein lautsprachlicher Ebene, soziale Interaktionen) Erschwernisse, die innerhalb der Einrichtung der Josef Rehrl Schule nicht auftreten.
Die Beeinträchtigung des einzeln integrierten Kindes durch die eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten wird durch die gemeinsame Beschulung mit anderen hörgeschädigten Kindern verringert. Andererseits wird auch einer Isolierung vorgebeugt, da in der Klasse ebenso hörende Schüler/innen am gemeinsamen Unterricht teilnehmen, wodurch dann die Hörbeeinträchtigung nicht als Behinderung identifiziert wird.
Je nach dem individuellen Bedarf des einzelnen Kindes soll Gebärdensprache, lautsprachbegleitende Gebärde und Lautsprache kompetent angeboten werden. Dadurch können auch hörende Kinder die Gebärdensprache verstehen und anwenden lernen.
Für hörgeschädigte Kinder wird durch die Integration hörender Kinder eine lautsprachliche Umgebung geschaffen, wodurch die Sprachkompetenz insgesamt ein höheres Niveau erreicht. Somit wird auch der Forderung von Sprachwissenschaftlern entsprochen.
Durch den Abbau der Sprachbarriere verschwimmen die Grenzen zwischen zwei ansonsten sprachlich getrennten Gruppen, soziale Interaktionen werden möglich und finden auch statt. Das hörbeeinträchtigte Kind erlebt den Umgang mit hörenden Kindern als Normalität, ohne dabei eine Außenseiterrolle übernehmen zu müssen. Das hörende Kind wiederum erfährt, dass eine Hörbehinderung nicht zwangsläufig ein Kommunikationshindernis bedeutet. Diese Erfahrungen werden über mehrere Jahre erlebt, somit ist eine soziale Nachhaltigkeit anzunehmen.
Vor Einführung des Schulversuchs wurden alle Schüler/Innen nach dem Lehrplan der Sonderschule für Gehörlose unterrichtet und beurteilt (Schulabgangszeugnis "Sonderschule für Ge-hörlose").
Durch die Integration hörender Schüler/Innen wurden neue Organisationsformen möglich. Dadurch können auch vermehrt die hörgeschädigten Mitschüler/innen an die Ziele des VS bzw. HS Lehrplans herangeführt werden.
Damit sind auch die Voraussetzungen zum Besuch einer weiterführenden Schulart optimiert (wie z.B. Bundesgymnasium Zaunergasse).
Im Vergleich der Erfahrungen aus der Zeit vor dem Schulversuch und der jetzigen Situation stellt sich die gemeinsame Beschulung als die erfolgversprechendste Variante dar. Nichts-destoweniger wird an der Qualitätssicherung konsequent gearbeitet.